Thema

Arbeit in Ost und West

Erforscht wird der Wandel von soziokultureller Wahrnehmung und Bedeutung der »Arbeit« in den Industriegesellschaften der Tschechoslowakei und Frankreichs während der ersten drei Jahrzehnte nach dem Zweiten Weltkrieg. Vorstellungen und Praktiken von Normalität und Marginalität werden komparativ und in transnationaler Perspektive untersucht.

Plakat des tschechoslowakischen Ministeriums für Information und Bildung zur Rekrutierung von Bergarbeitern, 1951

Imaginationen und soziale Bedeutung von Arbeit östlich und westlich des Eisernen Vorhangs: Frankreich und die Tschechoslowakei 1944–1975
Nach dem Zweiten Weltkrieg galt das Streben nach Vollbeschäftigung, sozialer Sicherheit und das Recht auf Arbeit als wichtiges gesellschaftspolitisches Ziel in West und Ost. Im Kontext des beginnenden Kalten Kriegs wurde definiert, was als nützliche, normale oder Standardbeschäftigung zu gelten hatte. Diese Paradigmen entwickelte man parallel und – so die Hypothese – unter gegenseitiger Bezugnahme auf beiden Seiten des Eisernen Vorhangs ständig weiter. Tagungen internationaler Organisationen (ILO, Weltgewerkschaftsbund) waren zu Arenen für Beziehungen über die Blockgrenzen hinweg geworden. Zugleich hatten Arbeiter*innen und Nicht-Arbeiter*innen in den jeweiligen nationalen Gesellschaften ihre eigenen Vorstellungen von »Arbeit«, die sie auf je spezifische Weise praktizierten.

Forschungen zur globalen Geschichte der Arbeit konzentrierten sich bisher zumeist auf die westlichen Gesellschaften und vernachlässigten die Gesellschaften der semiperipheren und staatssozialistischen Staaten des östlichen Europa. Im Fokus der synchron vergleichenden Analyse steht zum einen die Herausbildung und die Weiterentwicklung zentraler Konzepte, wie »Normalarbeit«, »sinnvoller Beruf« oder »gerechter Lohn« in der Tschechoslowakei und Frankreich, zum anderen die Frage nach interkulturellen Wechselwirkungen zwischen West und Ost.