Themenfeld
Positionierungen in internationalen Organisationen und Konflikten
In neueren Forschungen über die Geschichte internationaler Organisationen und die Neuordnung der Welt nach den »großen« – heißen wie kalten – Kriegen des 20. Jahrhunderts ist die lange dominierende Konzentration auf die Bipolarität des West-Ost-Konfliktes ebenso erweitert worden, wie die traditionelle staatszentrierte Perspektive. Ins Zentrum rücken zunehmend Fragestellungen, die auf Anliegen, Positionierungen, Handlungsspielräume von Akteuren aus aller Welt ebenso zielen, wie auf deren multiplen nationalen, staatlichen, politischen und professionellen Zugehörigkeiten.
In diesem Rahmen wird das breite Spektrum osteuropäischer Beteiligungen an internationalen und regionalen Organisationen untersucht, die sich seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert zu Knotenpunkten von Interaktionen sowie zu zentralen Arenen der Regulierung von grenzüberschreitenden Problemlagen und Konfliktkonstellationen entwickelt hatten. In Bezug auf die globalen Neuordnungen im Gefolge von internationalen Konflikten wird erforscht, welche osteuropäischen Expertisen über die »Welthaltigkeit« von regionalen Problemlagen entwickelt wurden und auf welche Kapazitäten an »Weltgängigkeit« bei ihrer überregionalen Lösung zurückgegriffen werden konnte.
Forschungsthemen
Affinitäten zu Putins Russland in Ostmitteleuropa
Durch die aktuelle geopolitische Entwicklungen im östlichen Europa – wie der Annexion der Krim im Jahr 2014 – lassen sich unterschiedliche Haltungen gegenüber der Russischen Föderation beobachten. Das Projekt zielt darauf ab, das Verhältnis der Visegrad-Gesellschaften zu Putins Russland als Ergebnis sozio-historischer Prozesse, aktueller nationaler Interessen und Veränderungen in der innenpolitischen Landschaft zu untersuchen.
Fachexpertise im internationalen Raum
Untersucht werden polnische Experten, die in den Sekretariaten des Völkerbundes sowie der Vereinten Nationen Schlüsselpositionen innehatten und diese in Rückgriff auf ihre (trans-)regionalen Vernetzungen für alternative Sachpolitik sowie zur Umgestaltung der internationalen Beziehungen nutzten.
Internationale Juristen und Völkerrechtsaktivisten
Der Völkerbund konstituierte eine Arena, in der internationale Juristen und Rechtsaktivisten mit unterschiedlichen Agenden agierten. In Kommissionen des Völkerbundes, in internationalen juristischen Fachorganisationen und in Nicht-Regierungsorganisationen wurden insbesondere im Völkerstrafrecht und im humanitären Völkerrecht bedeutende Initiativen lanciert.
Osteuropas turns und shifts in globalen Neuordnungsversuchen
Zu rekonstruieren und zu erklären, wie die im Jahrhundert nach dem Ersten Weltkrieg im östlichen Europa zu beobachtenden Umbrüche – vom postimperial turn, dem ein communist shift folgte, bis zum postsocialist turn, dem ein populist shift folgte – die Versuche zur politischen Neuordnung der Welt prägten, ist Ziel der Forschungen.
RGW und Weltwirtschaftsordnung
Untersucht werden die Wirtschaftsbeziehungen der europäischen RGW-Staaten zu Ländern des Globalen Südens, das Agieren von osteuropäischen Unternehmen auf den europäischen und globalen Verkehrsmärkten sowie die politischen und wissenschaftlichen Bemühungen um Veränderungen in der Weltwirtschaftsordnung.
Staatsbürgerschaft in den Randgebieten des Russischen Kaiserreichs
Dieses Projekt untersucht die Einführung der russischen Staatsbürgerschaftspolitik in den Provinzen (Oblasten) Kars und Batum, die durch den Berliner Vertrag Russland zugesprochen wurden. Es betrachtet zum einen den Umgang verschiedener religiösen und ethnischen Gruppen mit dieser Verschiebung und der russischen Verwaltung, zum anderen wie ihre transregionalen und transimperialen Verbindungen und Mobilitäten das Funktionieren der russischen Herrschaft prägten.