Abteilungsübergreifend forschen
Arbeitsgruppen
Neue, thematisch angelegte Arbeitsgruppen verstärken die abteilungsübergreifende Zusammenarbeit, insbesondere im Hinblick auf die fünf Forschungsperspektiven, und tragen zur Realisierung des mittelfristigen Forschungsprogramms bei. Zudem dienen sie der Generierung neuer Forschungsimpulse und der Erzeugung neuer Synergien.
AG »Gute Arbeit«
Die Arbeitsgruppe untersucht, wie gute/anständige/menschenwürdige Arbeit (decent work) in verschiedenen historischen Epochen und geografischen Räumen verstanden wurde. Dabei wendet die Arbeitsgruppe einen interdisziplinären Ansatz an, der Felder wie Wirtschafts- und Sozialgeschichte, visuelle Kultur, Umweltwissenschaften, Gender Studies und Wissenschaftsgeschichte miteinander verbindet. In ihrer Forschung konzentrieren sich die Mitglieder der AG auf die folgenden drei Fragen: Erstens, wie spiegelt das Konzept »Gute Arbeit« die Werte einer bestimmten Gesellschaft wider, und wie hängt sein Inhalt mit dem gesellschaftlichen Wandel im Laufe der Zeit zusammen? Die zweite Frage fokussiert auf die Rolle von Ideologie und social engineering: Wie wird der ideale Bürger oder das ideale Gesellschaftsmitglied in verschiedenen politischen Regimen durch Arbeit geformt und hervorgebracht? Welche Arten von Arbeit (Berufe, Anforderungen usw.) gelten als wünschenswert und respektabel, und wie werden sie gefördert? Drittens befasst sich die AG mit der Frage, wie Arbeit als Mittel der Integration oder zum Ausschluss von Menschen aus einer Gesellschaft eingesetzt wird. Dazu gehören verschiedene arbeitsbezogene Institutionen, wie z. B. Arbeitshäuser, und die rechtlichen, moralischen und alltäglichen Rahmenbedingungen, in die sie eingebettet sind.
Die Arbeitsgruppe dient der abteilungsübergreifenden Weiterentwicklung laufender Forschungen, insbesondere von Buchprojekten, und generiert neue Forschungsideen.
Leitung:
AG »Wissen«
Ausgehend von einem offenen Wissensbegriff diskutiert unsere interdisziplinäre Arbeitsgruppe Fragen der Produktion, Ordnung, Vermittlung und Wirkung epistemischer Bestände. Im Zentrum der Betrachtung stehen Wissenspolitiken, -praktiken und -ökonomien im östlichen Europa sowie ihre transnationalen und globalen Vernetzungen. Dazu werden Ansätze aus der Wissens- und Wissenschaftssoziologie, der Netzwerktheorie und den technopolitics sowie auch explizit feministische und postkoloniale Perspektiven verhandelt. Ziel ist es, die unterschiedlichen Forschungsrichtungen des GWZO zu verbinden, in denen Wissen als Machtbeziehung und -performanz in den Blick genommen wird. Expertise, Gatekeeping, Validität, alternative Fakten, Laienwissen, Körperwissen, Transfer, Grenzziehungen und Raumbildung, Governance, aber auch die Implikationen einer beschleunigten Digitalisierung sind nur einige der Themen, die wir aus einer dezidiert praxeologischen Perspektive als fluide Prozesse nachvollziehen wollen.
Ziel der Arbeitsgruppe ist die abteilungsübergreifende Bündelung der wissenshistorischen Fragestellungen am GWZO. Die Treffen der AG dienen der Textlektüre und der Diskussion laufender Forschungsanträge in diesem Feld sowie der Generierung neuer Forschungsideen.
Leitung:
AG »Wasser«
Die Nutzung von Wasser und Gewässern im östlichen Europa war nicht nur Voraussetzung für menschliches, tierisches und pflanzliches Wachstum, sondern auch für den zunehmenden Ausbau der Verkehrsinfrastruktur. Die abteilungs-, disziplinen- und epochenübergreifende Arbeitsgruppe thematisiert deshalb neben der Entstehung der fluvialen Anthroposphäre insgesamt auch den Umgang mit Meeren, Flüssen und Seen, Sümpfen, Mooren und Trockengebieten, ihre Begradigung und Entwässerung, ihre Nutzung im Landesausbau, als Transportwege sowie ihre Bedeutung für die Industrialisierung. Der Bau von Mühlenwehren, Kanälen und Staudämmen zur Energiegewinnung und nicht zuletzt von Hafenanlagen steht ebenso im Fokus wie der Umgang mit (Heil-)Quellen, der Bau von Badeanlagen und die Einrichtung von Gewässerschutzgebieten im Rahmen von Natur- und Umweltschutz. Auch andere Aggregatszustände als derjenige der Flüssigkeit sollen beachtet werden: die Bedeutung und Konsequenz von Eis und Vereisung sowie die Erzeugung und Nutzung von Wasserdampf sollen auf ihre Bedeutung für die geschichtliche Entwicklung des östlichen Europa untersucht werden.
Ziel der Arbeitsgruppe ist eine Antragstellung zur Gewinnung von Drittmitteln zur weiteren Vertiefung der Forschung.
Leitung:
AG »Globalgeschichte«
Die globalhistorisch eingebettete Geschichte des östlichen Europa gehört als epochenübergreifendes Profil zum Forschungsprogramm des GWZO. Die AG »Globalgeschichte« arbeitet daran, diese Ausblicke in andere Weltregionen zu einer ergänzenden Perspektive über die bislang auf das 19./20. Jahrhundert fokussierten Forschungen zu machen. Denn globale Perspektiven sind auch in früheren Perioden sowie im interdisziplinären Austausch (u.a. mit der Kunstgeschichte oder Literaturwissenschaft) möglich und fruchtbringend. Dazu wird »global« nicht mehr im Sinne einer allumfassenden Universalgeschichte und als räumliche Ebene oberhalb der Hierarchie lokal/regional/national verstanden, sondern als zusätzliche Betrachtungsebene, die Verflechtungen von Räumen, Akteuren und Prozessen und ihre historischen Reichweiten ins Zentrum rückt. Ein relationales Verständnis des östlichen Europa und eine Lösung der starren Epochengrenzen zugunsten eines Fokus auf die Zeitlichkeit von Prozessen informiert unsere Arbeit.
Als konkrete Ergebnisse strebt die AG innerhalb der kommenden Jahre eine kollaborative Lehrveranstaltung für Promovierende an, die anhand thematischer Schwerpunkte fächer- und epochenübergreifend die Globalgeschichte(n) des östlichen Europa von der Vormoderne bis in die Gegenwart thematisiert und durch Mitarbeiter*innen des GWZO im Team-Teaching geleitet wird. Außerdem soll auf Basis der ab Implementierung über Jahre im Forschungsseminar gemachten Erfahrungen und neu gewonnenen Erkentnisse eine Kollektivmonographie zu ausgewählten Aspekten der transepochalen Globalgeschichte entstehen.
Leitung:
AG »Nach der Gewalt«
In der Arbeitsgruppe »Nach der Gewalt« treffen sich Wissenschaftler*innen verschiedener Fachrichtungen des GWZO, um sich darüber auszutauschen, wie politische Massengewalt in den Gesellschaften des östlichen Europa von der Vormoderne bis zur Gegenwart pazifiziert und transformiert wurde. Der Titel meint die Introspektion von Gewaltgeschehen a posteriori, fragt mithin nach Bewältigungsstrategien, dem Überleben und Weiterleben der Opfer von Gewalt, der Abschaffung und ebenso dem Fortbestehen von Gewaltverhältnissen, der Bestrafung von Täter*innen, der Sicht und Rolle Unbeteiligter sowie der Umwertung von Gewalterfahrungen in Kunst, Architektur, Literatur, Film.
Wie reagierten Verantwortliche in Politik und Gesellschaft nach dem Ende massenhafter Gewalt, welche Lehren zogen sie daraus? Wie verhielten sich ‚nach der Gewalt‘ Akteur*innen wie Herrscher*innen, Inhaber*innen von gesellschaftlicher Macht oder symbolischem Kapital, wie Opfer, welche die Rolle von Entscheider*innen übernahmen, wie Widerständler*innen, wie Stadtplaner*innen, wie Künstler*innen und Schreibende? Was können wir über die Reaktion der Individuen wissen, über die Transformation ihrer Gewalterfahrung im häuslichen Raum, generell in Narrativen wie in der Kunst?
Die Arbeitsgruppe »Nach der Gewalt« trifft sich regelmäßig zur Diskussion von Grundlagentexten aus den beteiligten Disziplinen Archäologie, Kunstgeschichte, Literaturwissenschaft und Geschichte. Darüber hinaus kommen wiederholt Fallstudien und Antragsentwürfe zur Sprache.
Leitung: