Der einzige Ort dieser Art auf der Erde

Forschungen in der Direktion

In der Direktion und ihren zwei Bereichen »Transfer und Publizieren« und »Bibliothek und Digitales« werden von der Direktorin Prof. Dr. Maren Röger, der Stellvertretenden Direktorin Prof. Dr. Julia Herzberg und dem dort angesiedelten wissenschaftlichen Personal Forschungsvorhaben bearbeitet und Drittmittelprojekte eingeworben. Aktuell laufen etwa Projekte zu Vergnügungskulturen und visueller Geschichte in multiethnischen Städten oder zur »Erfindung« der Kiewer kirchlichen historiographischen, hagiographischen und polemischen Tradition seit dem Ende des 16. Jahrhunderts. Die Forschungsprojekte sind meist einer der Forschungsabteilungen des GWZO zugeordnet. Zudem gehört dem Direktionsbereich »Transfer und Publizieren« das kunsthistorische Forschungsprojekt »Bewegung – Begegnung –Konflikt« an, das in Kooperation mit den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden entsteht und vom Freistaat Sachsen gefördert wird. Ebenso zu den Forschungen in der Direktion gehören die Arbeiten über die Armenier*innen im östlichen Europa.

Forschung der Direktorin Prof. Dr. Maren Röger

Bilder der deutsch-polnisch-jüdischen Beziehungen

Das polnisch-deutsche Kooperationsprojekt untersucht die Ikonografie der polnisch-deutsch-jüdischen Beziehungen in den ersten Jahrzehnten des »visuellen Zeitalters«, also von den 1890er bis zu den 1930er Jahren. In dieser Phase wurden zum einen visuelle Massenmedien zentral für Weltwahrnehmung. Zum anderen war es der Zeitraum, in dem die deutsch-polnisch-jüdischen Beziehungen zunehmend konfliktreich wurden.

Das Projekt war in der Abteilung »Kultur und Imagination« im Themenfeld »Wissen und Wahrheit« angesiedelt und wurde von der Deutsch-Polnischen Wissenschaftsstiftung gefördert. Es bildete die Grundlage für die digitale Ausstellung »Der einzige Ort dieser Art auf der Erde. Deutsche und Juden auf Postkarten aus dem Grenzgebiet«, die als ein gemeinsames Projekt des Zentrums für Historische Forschung Berlin der Polnischen Akademie der Wissenschaften und des GWZO realisiert wurde.

Englischsprachiger Sammelband »Gendered Violence in War and the Structures of Silencing. Vergleichende Perspektiven auf Asien und Mittel- und Osteuropa nach dem Zweiten Weltkrieg«

Zusammen mit ihrer Kollegin Joohee Kim, Assistenzprofessorin für Frauenstudien an der Duksung Women's University, Seoul, Südkorea, gibt Maren Röger einen Sammelband heraus, der vergleichende Perspektiven auf das Thema geschlechtsspezifische Gewalt in Kriegszeiten im »globalen Osten« bietet. In beiden Regionen wurde der Zweite Weltkrieg mit ungeheurer Brutalität geführt und in beiden Regionen gab es sexualisierte Formen von Gewalt. Das Buch gibt einen Überblick über die bestehende Geschichtsschreibung zu diesem Thema für ein globales englischsprachiges Publikum, das vielleicht nur mit einem der Fälle von geschlechtsspezifischer Gewalt im Zweiten Weltkrieg vertraut ist, und stellt neuere, spezifischere Fallstudien aus dem Forschungsbereich vor. Eines der Ziele ist es, das Verständnis der Kriegserfahrungen von Frauen, der geschlechtsspezifischen Gewalt in Kriegszeiten, der Strukturen des Schweigens in den Jahrzehnten danach, des Zeitpunkts des Beginns der Debatten, der Art und Weise, wie die öffentliche Erinnerung geformt wird, und der noch zu identifizierenden Themen des Schweigens zu vergleichen. Wir decken die rechtlichen, sozialen und politisch-ökonomischen Kontexte auf, die geschlechtsspezifische Kriegsgewalt zum Schweigen brachten oder bringen. Dabei analysieren wir die Strukturen der Debatten, des Schweigens und des Gedächtnisses an transnationalen Erinnerungsorten.

»Mein polnisches Tagebuch«: Ein Editionsprojekt zu den Memoiren eines Gendarmen aus Österreich im NS-besetzen Polen

Der österreichische Gendarm Adolf Landl war im Zweiten Weltkrieg im deutschen Dienst im Raum Kielce eingesetzt und berichtete ab 1941 heimlich dem polnischen Widerstand über geplante Mordaktionen gegen die polnische und jüdische Bevölkerung. Die Memoiren Adolf Landls, die er Jahre nach dem Krieg unter dem Titel »Mein polnisches Tagebuch« verfasste, schildern den brutalen Besatzungsalltag in Polen aus der Sicht eines unmittelbar Beteiligten. Nach seinem Tod 1963 entdeckt, lösten sie staatsanwaltliche Ermittlungen in Österreich gegen ehemalige Kollegen aus. Danach gerieten sie in Vergessenheit, bis Maren Röger und Jochen Böhler, Direktor des Wiener Wiesenthal-Institut für Holocaust-Studien (VWI), sie im Jahr 2010 wiederentdeckten.

Das VWI recherchiert derzeit in Archiven in- und außerhalb Österreichs zum »Fall Landl« und arbeitet – gemeinsam mit dem Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW) und Maren Röger am Leibniz-Institut für Geschichte und Kultur des östlichen Europa (GWZO) in Leipzig – an einer kritischen wissenschaftlichen Edition der Memoiren Landls.

Vergnügungskulturen in multiethnischen Städten

Mit Blick auf Vergnügungskulturen werden Öffentlichkeiten in multiethnischen Städten um 1900 erforscht. In der Historiografie verankerte städtische Raumordnungen und Konfliktnarrative sollen auf den Prüfstand gestellt werden.

Die Forschung findet im Rahmen des Dissertationsvorhabens von Vincent Hoyer, M.A. statt und wird von Prof. Dr. Maren Röger betreut. Das Vorhaben ist in der GWZO-Abteilung »Verflechtung und Globalisierung« im Themenfeld »Interkulturalität« angesiedelt und durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) drittmittelfinanziert.

Forschung der stellvertretenden Direktorin Prof. Dr. Julia Herzberg

Erfindung der Tradition: Kiewer kirchliche Tradition (1596–1720)

Gegen Ende des 16. Jahrhunderts setzte ein Prozess der »Erfindung« der Kiewer historiographischen, hagiographischen und polemischen Tradition ein. Er wurde als Rückkehr zu »alten Zeiten« und ursprünglichen Quellen angesehen und dauerte über das gesamte 17. Jahrhundert an.

Das Vorhaben ist in der GWZO-Abteilung »Kultur und Imagination« im Themenfeld »Erbe und Kanon« angesiedelt und durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) drittmittelfinanziert.

Premodern East Slavic Europe Network

Das neue Netzwerk soll das Fachwissen über die vormoderne Periode in der osteuropäischen Geschichte bündeln, um diesen Forschungsbereich zu stärken und seine Sichtbarkeit zu erhöhen. Ziel ist es, den Fokus der Frühneuzeitforschung zu erweitern, indem die Geschichte der Region in die transnationale (oder transimperiale) und transkulturelle Geschichte Europas und Eurasiens integriert wird.

GWZO prague FLÚ

Die gemeinsame Initiative des Leibniz-Instituts für Geschichte und Kultur des östlichen Europa e. V. (GWZO) und der Akademie der Wissenschaften der Tschechischen Republik (AV ČR), vertreten durch deren Philosophisches Institut (FLÚ), »GWZO prague FLÚ« , veranstaltet Round-Table-Gespräche, Vorträge, Workshops, Konferenzen, Ausstellungsprojekte, veröffentlicht Buch- und Onlinepublikationen und anderes mehr.

Ab 2025 wird zusätzlich das GWZO eine Abteilung zum Thema »Wissen und Partizipation« in Prag aufbauen, die Kooperationen vor Ort noch weiter vertiefen soll.
Die neue Abteilung in Prag wird als dauerhafte strategische Erweiterung des Instituts aufgebaut, in deren inhaltlichen Fokus das Thema des Bürgerwissens, der Citizen Science, steht. Sie wird das Verhältnis zwischen akademisch und außerakademisch erzeugtem Wissen in historischer, gegenwärtiger und transnationaler Perspektive untersuchen und so als methodisch-theoretisches Labor für Bürgerwissen und -beteiligung dienen. Die anvisierten Themen- und Tätigkeitsfeldern (Epistemologie der Naturwissenschaft, Geschichtswissen und Evidenzstrukturen, Werkzeugkasten der Partizipation sowie Partizipative Ausstellungen) werden auch entscheidende inhaltliche Impulse für die Weiterentwicklung des abteilungsübergreifenden GWZO-Forschungsprogramms geben.

Forschungen in den Direktionsbereichen

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Bewegung - Begegnung - Konflikt

Das Projekt erarbeitet Grundzüge der gemeinsamen Kulturgeschichte des östlichen Europa im Zeitraum von 1300 bis 1570, um diese in ihren komplexen, teils spannungsreichen Entwicklungen sichtbar zu machen.