Thema
Folklore in Ungarn als Projektionsfläche
Die Folklorepraktiken der vorindustriellen ländlichen Bevölkerung stellen einen wichtigen Bestandteil der kulturellen Identitätsbildung in Ungarn dar. Sie erlebten immer wieder besondere Konjunkturen und stehen als Mittel der Identitätspolitik auch heute hoch im Kurs. Das Dissertationsprojekt widmet sich den sozio-ökonomischen und politischen Dynamiken ihrer Interpretation von der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts bis in die Gegenwart.
Folklore als Projektionsfläche. Dynamiken der Neuinterpretation des kulturellen Erbes in Ungarn.
Das Bestreben, die Kultur der ländlichen Bevölkerung Ungarns in das Konzept einer gesamtnationalen Kultur zu integrieren, hat im Verlauf der Geschichte immer wieder zu Neuinterpretationen des kulturellen Erbes geführt. Die genauen Konturen der „Folklore“ blieben dabei unscharf: Was jeweils als solche angesehen und wertgeschätzt wurde, hing stets von den sozio-ökonomischen, politischen wie kulturellen Bedingungen ab. Das Forschungsprojekt widmet sich den unterschiedlichen Konjunkturen der Popularisierung ungarischer Folklore seit der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts. Ausgehend von ethnosemiotischen Analysen ausgewählter Praktiken sollen Deutungsmuster und Dynamiken der Neuinterpretation mit ihren sozialen, ökonomischen und politischen Hintergründen untersucht werden. Das Erkenntnisinteresse richtet sich somit auf die Rolle von Folklore als Projektionsfläche verschiedener Akteure und im Rahmen unterschiedlicher Diskurse. Ein besonderer Fokus liegt auf der Revitalisierung von Folklore in der Musikproduktion.
Das Dissertationsprojekt wird im Rahmen des Verbundprojektes Anpassung und Radikalisierung. Dynamiken der Populärkultur(en) im östlichen Europa vor dem Krieg (Leibniz-Kooperative Exzellenz 2023-2027) realisiert.